„Ein Verkäufermarkt“: Ein Interview mit Jeroen Rijk

15. Juni 2021

Jeroen Rijk, Geschäftsführer bei Ritchie Bros. für EMEA und Lateinamerika, ist seit 25 Jahren im Bereich Groß- und Landmaschinen tätig. In dieser Zeit konnte er das Auf und Ab des Geschäfts und der gesamten globalen Industrie miterleben – bestimmt von regionalen und internationalen Booms, Rezessionen, Ressourcenknappheit und mehr. Eine derart beispiellose Nachfrage, wie sie derzeit den Bieterwettbewerb bestimmt und die Verkaufspreise in die Höhe treibt, hat er allerdings noch nie erlebt. Könnte dies die ideale Zeit sein, schwere Maschinen zu verkaufen?

Welche Treiber haben die Markttrends im letzten Jahr angekurbelt?

Am Markt stehen Angebot und Nachfrage von Maschinen in direktem Zusammenhang zu dem Grad der Sicherheit, den die Unternehmen haben. Im Frühjahr 2020 herrschte in der Branche Unsicherheit wegen der Covid-19-Pandemie – niemand wusste, wie es weitergehen würde. Das führte zu einem kurzen Peak beim Abverkauf von Anlagen, um Cash zu generieren.

Wann kam die Nachfrage so richtig in Schwung?

Das dürfte im Juli gewesen sein, als die Beschränkungen in den meisten Teilen Europas wieder aufgehoben wurden. Obwohl die Lieferkette für Neumaschinen weiterhin eingeschränkt war, begann die Produktivität wieder zu steigen. Auf den Auktionen konnten wir beobachteten, wie die Nachfrage wuchs und wuchs. Jetzt übersteigt sie das Angebot deutlich, und das treibt die Preise auf unseren Auktionen in die Höhe. So etwas habe ich in meinen 25 Jahren in der Branche noch nie erlebt.

Inwiefern unterscheidet sich dieser Nachfragetrend von denen der Vergangenheit?

Der Hauptunterschied ist, dass dies ein globaler Trend ist. Schon oft hatten wir Zeiten in der Branche, in denen ein Teil der Welt eine starke Performance aufwies, andere Regionen aber in einer Art Rezession steckten. Zum Beispiel hatte die Wirtschaftskrise 2008 starke Auswirkungen auf viele Regionen der Welt, wie die USA, Mittelamerika und Europa, aber kaum Auswirkungen auf Asien. Umgekehrt hatten wir bei der großen Finanzkrise 1997 in Asien einen starken Zustrom von Maschinen aus dieser Region, die wir bei unseren Auktionen weltweit verkauften. Jetzt erreicht die Nachfrage praktisch überall ihren Höhepunkt, egal wo man auf der Landkarte schaut, einschließlich Brasilien, Südafrika, den USA, Kanada, Europa, Dubai und Australien.

Wie sieht es mit anderen Branchen aus?

Interessanterweise ist die Preisentwicklung nicht nur geografisch, sondern auch branchenübergreifend zu verzeichnen, z. B. in der Bau- und Landwirtschaft, im Bergbau und im Transportwesen. Wir haben gesehen, dass landwirtschaftliche Traktoren, Transportfahrzeuge, schwere Kräne und Bergbaumaschinen auf den Auktionen alle gut abschneiden. Angesichts der starken Preisentwicklung ist es weiterhin ein extrem guter Zeitpunkt, um jede Art von Maschinen zu Geld zu machen.

Welche Auswirkungen auf die Baumaschinenpreise sehen Sie bei den Auktionen?

Auf unseren Auktionen in Europa beobachten wir derzeit für Baumaschinen eine Preisentwicklung von durchschnittlich 10 bis 15 Prozent Plus gegenüber dem Vorjahr. Bei Hydraulikbaggern stiegen die Auktionspreise in Europa im Mittel um 23 Prozent auf durchschnittlich EUR 39.858 pro Stück. Währenddessen stieg der Medianpreis von Radladern, die in Europa verkauft wurden, im ersten Quartal dieses Jahres um 5,6 Prozent im Vergleich zum gleichen Quartal 2020.

Welchen Tipp würden Sie Unternehmen geben, die möglicherweise Ausrüstung zu verkaufen haben?

Ich würde sagen, nutzen Sie unsere digitalen Plattformen. Da unser internationales digitales Marketingprogramm auf Hochtouren läuft, um Käufer anzulocken, ist es bei unseren Auktionen keine Ausnahme, dass junge Maschinen mit wenigen Betriebsstunden zu Spitzenpreisen verkauft werden. Das gilt nicht nur für unsere unreservierten Zeitauktionen, sondern auch für unsere Online-Plattform Marketplace-E, die mit verschiedenen Angebotsformaten arbeitet. Mit Hilfe fortschrittlicher Datentools behalten wir die Bewegungen auf dem Markt genau im Auge. Ich möchte Verkäufer ermutigen, davon Gebrauch zu machen und die Unterstützung zu nutzen, die unser Team ihnen anbieten kann.

Über Jeroen Rijk

Jeroen kam 1995 zu Ritchie Bros. und hat seitdem eine beeindruckende Karriere im Unternehmen durchlaufen. Zunächst im administrativen Bereich tätig, unterstützte er sowohl Käufer als auch Verkäufer weltweit. Er arbeitete sich erfolgreich in verschiedene Betriebs- und Verkaufsfunktionen vor und zog im Jahr 2000 nach Spanien, um dort eine Niederlassung von Ritchie Bros. aufzubauen. Heute ist Jeroen bei Ritchie Bros. Geschäftsführer für EMEA und Lateinamerika. Er lebt mit seiner Frau und seinen Kindern in Valencia, Spanien.

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